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Anti-Müller-Hormon

Synonym: Mullerian-Inhibiting-Substance (MIS); anti mullerian hormone (engl.); AMH
Anforderungskürzel: AMH

Referenzbereich

Männer 
1,43 - 11,6 ng/ml 
Frauen 
20-24 Jahre:1,52 - 9,95 ng/ml
25-29 Jahre:1,20 - 9,05 ng/ml
30-34 Jahre:0,711 - 7,59 ng/ml
35-39 Jahre:0,405 - 6,96 ng/ml
40-44 Jahre:0,059 - 4,44 ng/ml
45-50 Jahre:0,01 - 1,79 ng/ml

Material

  • 1 ml Serum

Haltbarkeit der Proben

  • Für Nachforderungen im Serum 5 Tage
  • Für Nachforderungen im Serum gefroren 14 Tage

Probenstabilität

  • 5 Tage bei 2-8°C
  • 6 Monate bei -20°C

Methodik

  • Elektrochemilumineszenzimmunoassay (ECLIA)

Physiologie / klinische Bedeutung

Physiologie

Das Anti-Müller-Hormon (AMH) ist ein Proteohormon bzw. dimeres Glykoprotein von ca. 144 kDa bestehend aus 560 Aminosäuren, das in den Sertoli-Zellen des embryonalen Hodens gebildet wird und die Rückbildung der Müller-Gänge bis zur 8. Woche der Embryogenese bewirkt, so dass diese nur noch als sog. Hodenanhängsel (Appendix testis) zwischen Nebenhodenanlage und Hoden erhalten bleiben.

AMH gehört mit dem Inhibin in die Familie der Transforming growth factors (TGF) und dort in die Untergruppe der TGF beta. Die Mitglieder dieser Familie haben eine wesentliche Funktion bei Zelldifferenzierung und -wachstum. In der Fetalzeit sorgt es für die Regression der Anlagen des inneren weiblichen Genitaltraktes und wird aus diesem Grunde beim Mädchen nicht gebildet. Später ist es ein Sekretionsprodukt der Granulosazellen der primären, sekundären und frühen antralen Follikel. Im Verhältnis zum direkt präovulatorischen Follikel enthält der frühe antrale Follikel noch etwa das 700fache der AMH-Konzentration. AMH hemmt die Follikelrekrutierung und die Follikelselektion. Es führt zu einer geringeren Aromataseaktivität und einer geringeren Empfindlichkeit gegenüber FSH. Es ist somit ein wichtiger Regulator des Follikelverbrauches im Leben. Wenn durch Rezeptoranomalien das AMH nicht richtig wirken kann, kommt es zu einem beschleunigten Follikelverlust. Daher können Veränderungen im AMH–Rezeptor auch Ursache einer prämaturen Ovarialinsuffizienz sein.

Klinische Bedeutung

AMH korreliert negativ mit dem Fortschreiten des Follikelverlustes und mit dem Alter einer Frau: je höher das AMH, desto höher die Follikelzahl. Es ist der momentan valideste verfügbare Parameter für die Beurteilung der Zahl antraler Follikel.

AMH zeigt kaum relevante Zyklusschwankungen. Man muss mit einem diskreten direkt postovulatorischen Abfall rechnen, der wahrscheinlich die Beurteilbarkeit des Parameters nicht relevant einschränkt. Dennoch empfehlen wir zur optimalen Einschätzung die AMH-Bestimmung in der Follikelphase.

AMH wird in seiner Aussagekraft nicht beeinträchtigt durch:

  • die Einnahme oraler Kontrazeptiva
  • den NuvaRing® oder
  • eine Schwangerschaft.

Bei einer ovariellen Stimulation kommt es initial (1 - 2 Tage) nicht zu Veränderungen, danach allerdings zu einem Abfall der AMH–Konzentration.

Eine der wichtigsten Anwendungen des AMH ist die Beurteilbarkeit der ovarielle Reserve und damit der Fertilität einer Frau. Für AMH lässt sich in verschiedenen Studien bei einer IVF eine gute Korrelation

  • mit der gewonnenen Eizellzahl,
  • mit dem Eintreten einer Schwangerschaft,
  • mit dem Eintreten einer Lebendgeburt

belegen.

AMH fällt unter einer Chemotherapie durch die Zerstörung aktiver Follikel relativ schnell ab. Langfristig lässt sich z.B. bei Kindern nach einer Chemotherapie ein niedrigerer AMH-Spiegel im Vergleich zu Kontrollen zeigen. Diese Beobachtung bestätigt ältere Studien, nach denen auch bei einem regelmäßigen Zyklus nach stattgehabter Chemotherapie eine eingeschränkte ovariellen Reserve vorliegen kann, die sich durch den AMH-Spiegel gut beurteilen lässt.

Darüber hinaus kann AMH hilfreich sein

  • bei der Beurteilung von Störungen der Geschlechts-Differenzierung (ein hoher AMH-Spiegel weist v.a. im Neugeborenenalter auf das Vorliegen von Hodengewebe hin.)
  • bei der Verlaufsbeobachtung von Granulosa-Zell–Tumoren; hierzu gibt es allerdings nur wenige Untersuchungen.

Beim "Müller-Gang-Persistenzsyndrom" bleiben bei einem Mann, der ansonsten normale innere und äußere Genitalien aufweist, die Müller-Gänge aufgrund einer Strukturanomalie oder eines Mangels an AMH bzw. dessen Rezeptors bestehen. Mit Beginn der Pubertät reduziert sich die Menge des produzierten AMHs stark, da nun das vermehrt gebildete Testosteron die Genexpression des Anti-Müller-Hormons hemmt.

Indikationen

Wir sind durch eigene Untersuchungen überzeugt, dass AMH in definierten Situationen hilft, endokrinologische Konstellationen zu klären. Dies gilt vor allem für Kinderwunschpatientinnen.

  • Wenn sich frühfollikulär (Tag 3 – 5) bei einer Kinderwunschpatientin oder bei einer jüngeren Patientin (< 35 Jahre) mit Zyklusstörungen ein FSH im oberen Referenzbereich (> 8 mIE/ml) zeigt, sollte AMH bestimmt werden, um die ovarielle Reserve einzuschätzen. Der Wert ist dann hilfreich, um die Konzeptionschancen bei noch nicht abgeschlossener Familienplanung besser zu beurteilen. Ferner machen wir davon auch ggf. die Empfehlung einer aktiven Kinderwunschtherapie abhängig.
    Die Bestimmung von AMH ermöglicht die differentialdiagnostische Abgrenzung von zentralen Regulationsstörungen, die häufiger ebenfalls mit einem grenzwertig normalen oder diskret erhöhten basalen FSH einhergehen.
  • Inwieweit die ovarielle Reserve langfristig bei noch nicht abgeschlossener Familienplanung beurteilt werden kann, ist fraglich, da entsprechende Daten aus Längsschnittstudien fehlen. In einer Studie sank AMH zwischen dem 29. und 32. Lebensjahr um 0,7 ng/ml. Ob dieser Abfall im Alter > 35 Jahre über denselben Zeitraum höher oder niedriger ausfällt, ist unklar.
  • Wenn unter einem oralen Kontrazeptivum bei einer prämenopausalen Patientin z.B. nach einer Chemotherapie oder einer perimenopausalen Patientin die ovarielle Reserve eingeschätzt werden soll, kann AMH hilfreich sein. Allerdings schließt auch ein niedriger AMH-Spiegel eine mögliche spontane Konzeption mit 100%iger Sicherheit nicht aus.
  • Bei einem Neugeborenen mit dem Verdacht auf eine Störung der Geschlechtsentwicklung ist AMH ein wichtiger diagnostischer Parameter.

Weitere Indikationen:

  • Verlaufskontrolle von Granulosazell-Tumoren

Im männlichen Organismus produzieren Sertolizellen AHM. Hieraus leiten sich pädiatrische Indikationen ab:

  • Anorchie (AMH stark erniedrigt oder fehlend)
  • Pubertas präcox vera (starker AMH-Abfall)

Methodische und patientenbezogene Angaben

Blutentnahme mit Serum-Monovette bzw. Serum-Vacutainer. Nach Abschluss der Gerinnung Serum abpipettieren, in ein steriles Probengefäß überführen und ins Labor senden.

Umrechnungsfaktor

  • ng/ml x 7,14 = pmol/l

Akkreditierung / Fremdleistung

  • Akkreditiertes Verfahren

Ansatzzeiten

  • täglich (an Werktagen)
Bearbeitungsdatum: 17.05.2024
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FRAG AMELIE.